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Prüfungsvorbereitung in der Schule mit SCRUM

Auf ein Neues

Im zweiten Durchgang begleite ich in diesem Jahr meine Schülerinnen und Schüler aus dem Außenhandel in Wirtschafts- und Geschäftsprozesse bis zu ihrer Prüfung.

 

In der Oberstufe ist seit der Novellierung des Lehrplans ein Agiles Projekt mit SCRUM vorgesehen und so war ein pragmatischer Vorschlag: Lasst uns die Prüfungs-vorbereitung mit SCRUM machen. So kurz vor der Abschlussprüfung ist das das Thema, das die Schüler*innen am meisten motiviert. 

 

Gar nicht mal so einfach

Im ersten Durchgang ist mir das Projekt nicht leichtgefallen: Störungen am WLAN und über mehrere Monate "freigelassene" Schüler*innen erfordern gute Nerven, die ich nicht immer habe. Waren sie am Anfang noch recht motiviert, ließ das an vielen Stellen mit der Zeit nach und zum Schluss saßen zumindest die Mädels in der letzten Reihe und zeigten sich Fotos auf dem Handy statt am Laptop zu arbeiten (und eher Fotos vom letzten Urlaub als von Prüfungsthemen, glaube ich). Aber das muss man aushalten lernen, wenn die Schüler*innen Selbstverantwortung üben sollen.

 

Projektauftrag

Unser Projekt besteht darin, dass die Schüler*innen im Team ein Buch mit dem Book Creator erstellen, das alle Themen aus der Abschlussprüfung in WiSo enthält. Jedes Team erstellt ein Buch und arbeitet dabei alle Prüfungsthemen ab. In regelmäßigen Reviews stellen sie mir, dem Stakeholder, den Stand ihrer Arbeit vor und ich kann korrigierend eingreifen, falls etwas in die falsche Richtung läuft. Der Projektzeitraum ist mit ca. drei Monaten festgelegt und ergab sich aus dem Termin für die Abschlussprüfung im November. Ein genauer Zeitplan liegt den Schüler*innen vor. Daraus können sie all ihre Reviewtermine entnehmen und auch die Abgabe und Präsentation des Projektes. Im letzten Schritt soll jedes Projektteam drei Elemente aus dem eigenen Prüfungsbuch vorstellen, die es für besonders gelungen hält. 

 

1. Doppelstunde: Grundverständnis von SCRUM, Inhalt, Bewertungskriterien

 

In der Einführungsphase bestand die Herausforderung vor allem darin, den Schüler*innen das Vorgehen von SCRUM begreiflich zu machen. Meine Kollegin (Parallelklasse) und ich schauten uns zahlreiche Filme auf youtube an und entschieden uns letztlich für diesen: SCRUM einfach erklärt, obwohl wir ihn nicht optimal fanden. Aber als erste Einführung ganz tauglich und die Begrifflichkeiten stimmten in etwa mit unseren überein. 

 

Außerdem habe ich Hinweise zur Bewertung verteilt. Um genau zu sein, eine Art Punkteschema, wie wir es beim SOL kennengelernt haben, das genau aufzeigt, was inhaltlich und formal vom einzelnen Schüler/der Schülerin erwartet wird und wie wir das im Gesamtzusammenhang bewerten werden. Die Anforderungen sind aufgeführt und nach Wichtigkeit mit Smileys bewertet. Wer alle Smileys erreicht, bekommt eine 1. 

 

Die Schüler*innen sollen zu jedem Thema

  1. einen Advance Organizer 
  2. eine kurze Zusammenfassung
  3. eine Checkliste zum Lernen
  4. vier typische Prüfungsfragen mit Lösungen
  5. ein selbsterstelltes Quiz oder einen selbsterstellten Film

anfertigen und in das Gruppenbuch bringen. Ich habe dafür ein Musterbeispiel bereitgestellt. 

 

Das Team soll nach dem SCRUM Prinzip arbeiten und bekommt ein Kanban-Board mit Cryptpad zur Verfügung gestellt. Ebenso gibt es einen Schülerzugang zum Book Creator der Lehrerin, die nachher die einzelnen Bücher der Gruppe zusammenbinden möchte. Leider funktioniert kollaboratives Arbeiten der Gruppe an einem Buch nicht, da man dazu die Premiumversion von Book Creator braucht. 

 

Die Verwendung von CHATGPT ist erlaubt unter der Prämisse, dass alles, was damit erstellt wird, geprüft wird im Hinblick auf Tauglichkeit für die Fragen der Abschlussprüfung. 

 

Wahl des Teams

Darüber hinaus dürfen die Schüler*innen zwei Personen wählen, mit denen sie in einer Gruppe sein wollen und eine Person, die nicht bei der Gruppe dabei sein soll, natürlich geheim. Ich werte dies aus und schlage die Teams vor. 

 

2. Doppelstunde: Prüfungen untersuchen, Backlog füllen, Book Creator testen

 

Die "alten" Prüfungen werden auf die Gruppen verteilt und die Schüler*innen erhalten die Aufgabe, die Themen herauszusuchen und je ein Thema auf eine Karteikarte zu schreiben. Die Karteikarten werden danach geclustert und so die Themen verdichtet. Ich ergänze, was mir noch wichtig erscheint und eine freiwillige Schülerin füllt den Backlog des Kanban-Boards mit den Prüfungsthemen. 

 

Der Book Creator ist für meine erwachsenen Schüler*innen nicht ganz so intuitiv wie erwartet, aber sie testen sich durch und finden schon bald heraus, wie man Hintergründe ändert, Texte hinzufügt und Links erstellt. 

 

3. Doppelstunde: Jetzt wird's ernst, wir legen los!

 

Die nächste Doppelstunde beginnt mit der Vereinbarung des ersten Sprints: Was schafft die Gruppe bis zum ersten Reviewtermin bei mir? Eine entsprechende Eintragung erfolgt auf dem Kanbanboard unter "To Do". Dann nimmt sich jeder Schüler/Schülerin sein/ihr erstes Thema und legt es unter Doing ... und fängt an. 

 

Ich sehe mir Kanban-Boards an und werde in jeder Stunde einen Screenshot machen, um zu sehen, wo die Teams stehen und ob der Fortschritt dokumentiert wird. Es gibt nicht nur eine Ergebnis- sondern auch eine Prozessbewertung. 

 

Auf dem Kanban-Board sieht man direkt wer zugehört hat und mitgedacht und wer eher nicht: Die "guten" Gruppen haben Eintragungen unter "To Do" (Sprint) und unter "Doing", die anderen nur in einer der beiden Spalten. 

 

Kanban-Board (Beispiel)

Book creator (Beispiel)

 

4. Doppelstunde: Daily SCRUM, Projektarbeit

 

... kommt erst in der nächsten Woche und wird mit einem Daily SCRUM beginnen. Das Team kommt zusammen und stellt sich die üblichen drei SCRUM-Fragen: 

  1. Was habe ich gestern getan - respektive: Was habe ich in der letzten Stunde getan?
  2. Was werde ich heute tun?
  3. Gibt es irgendwelche Hindernisse?

Tja und dann schauen wir mal, wie die Dinge sich entwickeln werden. die erste Hürde ist genommen, von Schüler*innen und Lehrerin. 

 

Abwarten und Tee trinken

Nun heißt es sich in Geduld üben und auf die ersten Reviews warten. Die Schüler*innen zu diesem Termin auch an die Retrospektive auf die Gruppe erinnern. 

 

Und die Schüler*innen aushalten, die wohl bis zur letzten Woche warten (das Projekt läuft ja über drei Monate, da braucht man einen langen Atem) und dann schnell versuchen, alles hinzuschustern. 

 

Und nach der Abgabe sagen: "Kann ich vielleicht noch ein Referat halten, um die Note aufzubessern?"

 

Und sich über die eifrigen und engagierten Schüler*innen freuen, die Spaß daran haben, mal freier arbeiten zu dürfen.

 

In diesem Sinne wünsche ich ein schönes Wochenende und eine gute Woche,

Ihre Ute Matthias

 

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