Die GDL streikt mal wieder.
Die Schüler*innen kommen zu spät zum Unterricht und ärgern sich darüber. Blöde GDL.
Passend dazu behandeln wir gerade das Thema Tarifpolitik im WiSo-Unterricht. Teil des Unterrichts ist es, sich bezüglich des Themas Streik mit der Position des Arbeitgebers und der Position des Arbeitnehmers auseinanderzusetzen.
Rollenspiel: Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter im Austausch
Die Schüler*innen tun das zunächst in Zweierkonstellationen mit wechselnden Positionen. Sie sehen so aus, als ob sie wirklich diskutieren, wir (der Referendar und ich) hoffen auch, dass sie das tun. Dann geht es darum, sich für eine Seite zu entscheiden und die Argumente dazu auf Flipchart zu notieren: Was sind meine Argumente als Arbeitgeber gegen den Streik? Was sind meine Argumente als Arbeitnehmer für den Streik?
Plenumsdiskussion
Drei der 15 Schüler*innen entscheiden sich für die Arbeitgeberseite. Das Plakat des Arbeitgebers bleibt jedoch recht leer. Auf dem Plakat des Arbeitnehmers steht: "Wenn Sie uns nicht genug Lohn zahlen, dann suchen wir uns eine andere Stelle." Wesentlich mehr kommt dann auch in der Diskussion nicht auf. Höchstens noch, dass die Arbeitgeberseite ergänzt: "Dann tun Sie das, wir suchen uns dann halt neue Arbeitnehmer."
Auf der anderen Seite stehen der Referendar und ich - ziemlich fassungslos. Es stellt sich heraus, dass die Schüler*innen keine Ahnung haben, was Streik für die Arbeitgeber bedeutet ...
Interesse und Verständnis für Politik und Mitbestimmung verbesserungswürdig
Wir beschließen, dass es unbedingt notwendig ist, dass die Schüler*innen sich mehr mit politischen Themen befassen. Dadurch, dass heutzutage alle nur noch Nachrichten aus ihrer "Blase" lesen und in den Familien offenbar nur wenig Tagesschau gesehen wird, scheint das Interesse an Politik stark gesunken zu sein. Das führt u.a. nicht nur zu Unwissen, sondern auch zu sehr ungesundem Halbwissen.
Kennen die Schüler*innen überhaupt noch die verschiedenen Zeitungen?
Ich glaube, dass es von großer Bedeutung ist, dass wir wieder mehr echte Zeitungsartikel mit unterschiedlicher Ausrichtung in den Unterricht bringen. Was nicht unbedingt Papier bedeuten soll, aber auch Papier bedeuten kann.
Lernt gemeinsam handeln! (Buchempfehlung)
Ich erinnere mich an eine VWL-Fortbildung mit Heidrun Peters (Lernt gemeinsam handeln!) die wirklich gut darin war, Schüler*innen für volkswirtschaftliche Themen zu interessieren und immer mit aktuellen Artikeln aus Tageszeitungen unterwegs war.
Differenzierung nach Interesse
Sie erzählte uns, dass sie zu Beginn ihres Unterrichts in einer neuen Klasse immer wieder Artikel aus verschiedenen Tageszeitungen mitbrachte und diese einfach auslegte und jede*r Schüler*in durfte sich einen nehmen und dann der Klasse kurz berichten, wovon er handelte. Und da waren Artikel aus der Bildzeitung ebenso vertreten, wie Artikel aus der Zeit, der FAZ, der WAZ oder der Süddeutschen Zeitung. Einfach bunt gemischt, sodass jede*r Schüler*in etwas fand, das sie interessierte - und das er/sie verstand; die CHATGPT zum downsizen des Sprachniveaus gab es ja noch nicht. Und nachdem die Hürde Zeitungen zu lesen erst einmal überwunden war, entstand auch Interesse.
Think-pair-share
Daher ist mein erster Schritt beim nächsten Thema "Sozialversicherungsbeiträge" einmal genau so einzusteigen. Mit Zeitungsartikeln, bei denen sich die Schüler*innen nach freier Wahl einen greifen dürfen, diesen lesen und sich mit einer*m Partner*in, der sich für denselben Beitrag entschieden hat, austauschen. Und dann sammeln wir im Plenum, was die Schüler*innen zum Thema herausbekommen haben.
Vielleicht werde ich sogar echte Zeitungen kaufen und nicht die digitalen verwenden, denn ohne Abo kann man ja die meisten spannenden Artikel eh nicht zuende lesen ...
Ich fände es schön, wenn die Schüler*innen auf diese Weise auch wieder einen echten Überblick bekämen, was es für Zeitungen in Deutschland gibt und welche wofür steht.
In diesem Sinne herzliche Grüße
Ihre Ute Matthias
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